Die dänische Komponistin und bildende Künstlerin Lily Greenham (1924 - 2001) war zugleich eine begnadete Performerin, konkrete Dichterin und optisch-kinetische Malerin.

In Kopenhagen absolvierte sie eine Ausbildung als Sängerin, bevor sie 1952 in Österreich ein Studium an der Wiener Musikakademie begann. Nach ihrem Umzug nach Paris im Jahr 1964 studierte sie Malerei und trat der Groupe de Recherche d’Art Visuel’ (GRAV) bei. Sie wurde durch mehrere Gemeinschaftsausstellungen wie Mouvement 2 (1964) in der Galerie Denise René in Paris bekannt. 1972 zog sie nach London um.

In London begann sie ihre eigenen textbasierten Kompositionen aufzunehmen, die aus einem Mix aus klangpoetischen Techniken, Elektronik und Multi-tracking bestehen. Ihre Kompositionen bezeichnete sie als lingual music. Dieser Begriff bezieht sich auf ihre Technik, Tape-Loops von Texten zum Herstellen von komplexen musikalischen Strukturen zu verwenden. Ihre bekannteste Komposition in diesem Stil ist Relativity. Das Stück entstand 1974 in Zusammenarbeit mit dem Radiophonic Workshop der BBC. Für diese experimentellen Stücke mischte sie menschliche Stimmaufnahmen. Zu ihren letzten bekannten Kompositionen gehören Polar Polaris (1982-1985) und Borges (1984).

Als Perfomerin interpretierte sie lautpoetische Werke und konkrete Gedichte von Gerhard Rühm und Konrad Bayer, Bob Cobbing und vielen anderen. Als Performerin arbeitete sie auch mit dem deutschen Underground-Elektro-Rock-Genie Wolfgang Dauner, dem Free-Jazz-US-Giganten John Tchicai und britischen Musikgrößen wie Hugh Davies, Max Eastley und Peter Cusack zusammen.

Lily Greenham war eine Meisterin der Sprache, poly-lingual benutzte sie europäische Sprachen so frei wie andere Farben und mischte sie für ihre Werke. Englisch wurde mit Dänisch, Deutsch, Französisch und Spanisch untermalt, und obwohl ihre Stimme die Quelle ist, steht der Klang immer im Mittelpunkt. Greenham bearbeitete ihre Materialien konsequent auf einem hohen Level an Imagination und Technik. Worte werden durch ihre unerbittliche Zunge und bizarre Mundarbeit verändert, durch die Stimme radikal bearbeitet, geschichtet und klangvoll gemacht – oft all dies in einem Atemzug.

Lily Greenham weigerte sich in der engstirnigen, von Männern dominierten Kunst- und Musikwelt kategorisiert und vereinnahmt zu werden. Sie schwebte frei wie ein Außenseiter, huldigte niemandem und lehnte doktrinäre Glaubensbekenntnisse ab.

ATJ

Werke zum Hören