Der schweizerische Künstler Jean Tinguely (1925 - 1991) zählt mit seinen kinetischen Kunstwerken zu den wichtigen Wegbereitern der zeitgenössischen Kunst. Tinguely wurde vor allem durch seine beweglichen, maschinenähnlichen Skulpturen bekannt. Ihn interessierten insbesondere die Funktionen, Bewegungen und Geräusche von Maschinen. Die Maschinen von Tinguely sind Anti-Maschinen – ohne Nutzen und Funktion.

Von 1941 bis 1944 ließ sich Tinguely als Dekorateur ausbilden und belegte Kunstkurse an der Allgemeinen Gewerbeschule in Basel, wo er sich erstmals mit Werken der modernen Kunst auseinandersetzte. Von 1944 bis 1945 absolvierte Tinguely seinen Militärdienst bei der Schweizer Armee, danach arbeitete er als freiberuflicher Dekorateur. 1952 zog Tinguely nach Paris. 1960 rief er zusammen mit dem Schweizer Objektkünstler Daniel Spoerri, dem französischen Bildhauer César Baldaccini, den Künstler/innen Niki de Saint Phalle, Yves Klein und dem Kritiker Pierre Restany die Künstlervereinigung Nouveau Réalisme ins Leben.

Jean Tinguely hatte bereits in seinen Schaufenster-Dekorationen Drahtfiguren eingesetzt. Für seine Kunstwerke griff er diese Figuren auf und setzte sie 1954 in Bewegung. 1959 erfand Tinguely seine Zeichenmaschinen, die Méta-Matics, die auf Papier Zeichnungen anfertigen konnten, und ein Jahr später begann er Fundgegenstände in seinen Werken zu verarbeiten. 1960 baute Tinguely eine gigantische Maschine im Skulpturengarten des Museum of Modern Art, New York, die aus Schrott – Motoren, ein Wetterballon, Stahlrohre, zahlreiche Fahrradteile, ein Klavier, ein Radio und vieles mehr – zusammengesetzt in der Lage war, sich selbst zu zerstören. Während der Aktion zerstörte sich die monumentale Maschine Homage to New York vor den geladenen Gästen selbst. 1977 begann Tinguely mit dem Entwurf von Brunnen, die einen immer größeren Anteil seiner künstlerischen Arbeit ausmachten. 1978 schuf Tinguely die Werkgruppe Méta-Harmonie – große, von Motoren angetriebene Räderwerke, die er mit diversen Musik- und insbesondere Schlaginstrumenten bestückte. Einmal in Gang gesetzt, bieten sie ein lärmendes Getöse aber auch ein theatrales, visuelles Erlebnis. Die Méta-Harmonien markieren den Höhepunkt von Tinguelys Beschäftigung mit Klang als künstlerischem Mittel. Ab 1981 nahm Tinguely auch tierische Materialien in seine Installationen auf. Große, raumgreifende und begehbare Räderwerke markieren das Spätwerk von Jean Tinguely, bei denen Skulptur und Architektur verschmelzen.

Die erste Einzelausstellung von Jean Tinguely fand 1954 in der Galerie Arnaud in Paris statt. Im Oktober 1959 präsentierte Tinguely auf der Vernissage der ersten Biennale de Paris im Musée d’Art moderne de la Ville de Paris erstmals die Werkgruppe der Méta-Matic, die Méta-Matic No. 17, eine mobile, von einem Benzinmotor angetriebene Zeichenmaschine. 1987 entstand anlässlich der Retrospektive im Palazzo Grassi in Venedig, in der 94 Maschinenskulpturen präsentiert wurden, das begehbare Räderwerk Grosse Méta-Maxi-Maxi-Utopia.

ATJ

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